Patent E87
21.04.2005
IP Portfolio A2
Grundlagen von Fail-Safe Brake by Wire /PPC
3 Kerninnovationen


Patentanspruchsmerkmale (Anspruch 1)
- Bremsanlage, eine Betätigungseinrichtung (30) und eine Steuer- und Regeleinrichtung (22) aufweisend,
- wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) anhand der Bewegung und/oder Position der Betätigungseinrichtung (30) eine elektromotorische Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) steuert,
- wobei die elektromotorische Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) einen Kolben (1) eines Kolben-Zylinder-Systems über eine nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt, so dass sich im Arbeitsraum (4′, 4a’, 4b’) des Zylinders ein Druck einstellt, wobei der Arbeitsraum (4′, 4a’, 4b’) über eine Druckleitung (13) mit einer Radbremse (15, 17) in Verbindung ist,
- wobei bei Ausfall der elektromotorischen Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) die Betätigungseinrichtung (30) den Kolben (1) verstellt,
- dadurch gekennzeichnet,
a) dass die Druckregelung unter Verwendung eines Kennfelds erfolgt,
b) wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) mittels mindestens eines ersten Sensors die Kolbenposition und mittels eines zweitens Sensors den Strom ermittelt
c) und unter Verwendung des Kennfelds die Position des Kolbens (1) einstellt, wobei das Kennfeld im Betrieb adaptiert wird.
Kurzfassung der Erfindung:
Die Bremsanlage nutzt eine elektromotorische Kolbenverstellung über ein mechanisches Getriebe, wobei die Druckregelung adaptiv anhand eines im Betrieb angepassten Kennfelds erfolgt, das auf Sensorwerten für Kolbenposition und Strom basiert.
Technische Relevanz
Sowohl die einstellbare Pedalcharakteristik (Sport, Normal, Komfort) des elektrischen Bremskraftverstärkers als auch Umwelteinflüssen (Luftblasen, Schrägverschleiss, Reibwertschwankungen, Knockback, Fading, Variation des Getriebewirkungsgrades) erfordern eine Adaption des Kennfeldes, welches den Bremsdruck in Abhängigkeit des Pedalwegs definiert. Typischerweise besteht das Kennfeld aus mehreren Parametern (Druck-Volumen-Kennlinie der Radbremse, Motordrehmoment = f(Strom), veränderlicher Getriebewirkungsgrad und Fahrzeugverzögerung=f(Bremsdruck)
Die Adaption hat auch eine Relevanz bei ausgefallener/deaktivierter ESP-Einheit, wo die Funktion des Bremskraftverstärkers voll funktionsfähig bleibt. Die Pedalcharakteristik verändert sich dabei, da die Bremskraftverstärkung in Abwesenheit des ESP-Drucksensors allein auf Stromaufnahme und Kolbenweg basiert.
Patentanspruchsmerkmal (Anspruch 1)
- Verfahren zur Steuerung einer Bremsanlage mit einer elektromotorischen Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a),
- wobei die elektromotorische Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) einen Kolben (1) eines Kolben-Zylinder-Systems über eine nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt, so dass sich in einem Arbeitsraum (4′, 4a’, 4b’) des Zylinders ein Druck einstellt,
- wobei unter Verwendung einer Sensorik sowie eines Wegsimulators eine variable Pedalcharakteristik eingeregelt wird,
- wobei eine Zuordnung des Drucks zu einer Pedalkraft frei variabel ist
- und bei einem rekuperierbaren Bremsen mittels eines Generators unter Berücksichtigung eines Korrekturwerts erfolgt, so dass die Bremswirkung des Generators berücksichtigt wird,
- wobei die Antriebsvorrichtung der Bremsanlage ein bürstenloser Elektromotor ist, bei dem unter Berücksichtigung einer Positionsbestimmung des Kolbens sowie einer Strommessung drei Stränge mittels eines Microcontrollers angesteuert werden.
Kurzfassung:
Elektrohydraulisches Fail Safe Brake-by-Wire (F-BbW) Bremssystem mit bürstenlosem Motor, Strom- und Positionsregelung zur präzisen Drucksteuerung im regenerativen Bremsbetrieb. Dabei wird ein Korrekturwert berücksichtigt, der das generatorische Bremsmoment im Rekuperationsmanagement des Bremssystems ausgleicht.
Technische Relevanz
Die technische Relevanz dieses Patents liegt in der präzisen Druckregelung eines regenerativen Bremssystems, das ein fein abgestimmtes Blending zwischen der elektromotorischen Rekuperation und der hydraulischen Bremskraft ermöglicht.
Das System steigert die Energieeffizienz, indem es kinetische Energie beim Bremsvorgang, bis zu einer hohen generatorischen Fahrzeugverzögerung, zurückgewinnt, und sorgt gleichzeitig für ein gleichbleibendes Pedalgefühl. Dies wird erreicht, indem der hydraulische Bremsdruck dynamisch so angepasst wird, dass die vom Fahrer wahrgenommene Betätigungskraft proportional zur tatsächlichen Fahrzeugverzögerung bleibt – auch während Änderungen in der generatorischen Bremswirkung der Rekuperation.
Besonders entscheidend ist die präzise Druckregelung im Zusammenhang mit einem elektrohydraulischen Folgebremskraftverstärker mit Pedalwegsimulator. In dieser Konfiguration wirkt sich jede Veränderung des hydraulischen Drucks unmittelbar auf das vom Fahrer wahrgenommene Pedalgefühl aus. Daher muss eine Druckreduktion im Rahmen rekuperativen Bremsens in eine proportionale Anpassung der Verstärkungsleistung des Bremskraftverstärkers umgesetzt werden.
Patentanspruchsmerkmale (Anspruch 1)
- Bremsanlage, eine Betätigungseinrichtung (33), nämlich ein Bremspedal (30), und eine Steuer- und Regeleinrichtung (22) aufweisend,
- wobei die Steuer- und Regeleinrichtung (22) anhand der Bewegung und/oder Position der Betätigungseinrichtung (33) eine elektromotorische Antriebsvorrichtung (7a, 6, 5c) steuert,
- wobei die Antriebsvorrichtung (7a, 6, 5c) einen Kolben eines Kolben-Zylinder-Systems über eine nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt,
- so dass sich in einem Arbeitsraum (4a‘) eines Zylinders des Kolben-Zylinder-Systems ein Druck einstellt,
- wobei der Arbeitsraum über mehrere Druckleitungen (13, 13a) mit zwei oder vier Radbremsen (15, 17) mit Radbremsventilen (14, 15) in Verbindung ist,
- wobei eine Sensorik sowie ein Wegsimulator (38) vorgesehen sind, um eine variable Pedalcharakteristik einzuregeln,
- wobei die Antriebsvorrichtung (7a, 6, 5c), ein bürstenloser Elektromotor ist, der über drei Stränge mittels eines Mikrocontrollers (22) gesteuert ist,
- wobei zumindest in einem Brake-by-Wire-Betrieb ein Druckanstieg unabhängig von Pedalbetätigung frei variabel erfolgt,
- wobei zumindest bei Bremsbeginn zur Verkürzung des Bremswegs bei vollständiger Öffnung mindestens eines der Radbremsventile (14, 15) ein schneller Druckanstieg durch Voll- oder Teilbestromung der Antriebsvorrichtung (7a, 6, 5c) implementiert ist,
- wobei die Bremsanlage dazu ausgebildet ist, zur Einstellung eines vorgegeben Drucks eine Position des Kolbens zu bestimmen und diese Position dann anzufahren.
Kurzfassung:
Die Erfindung beschreibt ein elektrohydraulisches Fail Safe Brake-by-Wire (F-BbW) Bremssystem, das durch einen hochdynamischen elektromotorischen Antrieb und präzise Positionsregelung des Kolbens einen extrem schnellen Druckaufbau ermöglicht, um den Bremsweg zu verkürzen.
Technische Relevanz
Die technische Relevanz dieses Patents liegt in der Fähigkeit, durch präzise Kolbenpositionsregelung einen extrem schnellen Bremsdruckaufbau zu realisieren – und damit automatisch, ohne Fahrereingriff, eine sehr schnelle Bremsung einzuleiten, was für eine Automatisch Notbremsung (AEB) von zentraler Bedeutung ist.
Diese Innovation ist von zentraler sicherheitstechnischer Bedeutung, da sie eine unmittelbare Reaktion auf erkannte Gefahrensituationen ermöglicht – ohne die Verzögerung durch die menschliche Betätigungszeit. Während konventionelle Bremssysteme auf das Betätigen des Bremspedals durch den Fahrer angewiesen sind, erlaubt dieses System, nach eine sensorbasierte Gefahrenanalyse in Echtzeit durch die AEB, einen sofortigen Bremseingriff.
Der Bremsmomentaufbau erfolgt dabei deutlich dynamischer als bei konventionellen Bremssystemen. Ein bürstenloser Elektromotor mit Mikrocontrollersteuerung und feldorientierter Regelung (inkl. Feldschwächung) steuert den Kolben hochpräzise an. Dadurch kann der Bremsdruck innerhalb kürzester Zeit aufgebaut werden: Im Patent sind für den Bremsdruckaufbau bis zu 100bar (TTL) 50 Millisekunden bei Verwendung von zwei EC-Motoren spezifiziert; in der technischen Umsetzung dem Prototypen IBS Premium mit nur einem EC-Motor wurden 120 Millisekunden erreicht. Heute ist eine Druckaufbauzeit von 150 ms bis zu 100bar Standard bei modernen 1-Box EHB-Bremssystemen
Die Kombination aus automatisierter Bremsdruckerzeugung und extrem schnellem Druckaufbau definiert einen neuen Sicherheitsstandard – vergleichbar mit der Einführung von ABS und ESP. Sie bildet die Grundlage für die heutige weite Verbreitung elektrohydraulischer Bremssysteme mit bürstenlosen Motoren in nahezu allen modernen Fahrzeugen.
Darüber hinaus verschiebt diese Technologie den sicherheitsrelevanten Bewertungsmaßstab vom klassischen Bremsweg hin zum umfassenderen Anhalteweg – also dem Zeitraum von Gefahr erkannt bis zum vollständigen Stillstand des Fahrzeugs. Genau hier setzt die aus dieser Innovation hervorgegangene automatische Notbremsfunktion (AEB) an, die heute unabhängig vom Antriebskonzept – ob Elektro- oder Verbrennungsmotor – zum Serienstandard gehört. Vertiefende Literatur: J. Weisse, „Gibt es Verbesserungspotezial für den Bremsassistenten?“, XXIII. Internationales µ-Symposium, Okt. 2003, VDI-Fortschrittsberichte, Reihe 12, Nr. 556; und M. Fach, J. Breuer, F. Baumann, M. Nuessle, T. Unselt, „Objektive Bewertungsverfahren für radbremsenbasierte Systeme der Aktiven Sicherheit, XXV. Internationales µ-Symposium, Juni 2005, VDI-Fortschrittsberichte, Reihe 12, Nr. 597.
Patentanspruchsmerkmal (Anspruch 1)
- Bremsanlage, eine Betätigungseinrichtung (30), insbesondere ein Bremspedal, und eine Steuer- und Regeleinrichtung aufweisend,
- wobei die Steuer- und Regeleinrichtung anhand der Bewegung und/oder Position der Betätigungseinrichtung (30) eine elektromotorische Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) steuert,
- wobei die Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) einen Kolben (1, 1a) eines Kolben-Zylinder-Systems über eine mit dem Kolben (1, 1a) fest gekoppelte, nicht-hydraulische Getriebevorrichtung verstellt,
- so dass sich im Arbeitsraum (4′, 4a’, 4b’) des Zylinders ein Druck einstellt, wobei der Arbeitsraum (4′, 4a’, 4b’) über eine Druckleitung (13) mit einer Radbremse in Verbindung ist,
- wobei in der Druckleitung (13) zu jeder Radbremse (15, 17) ein von der Steuer- und Regeleinrichtung (22) gesteuertes Ventil (14, 16) angeordnet ist, und bei Ausfall der Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) die Betätigungseinrichtung (30) den Kolben (1) oder die Antriebsvorrichtung (5c, 6, 7, 7a) verstellt,
- wobei die elektromotorische Antriebseinrichtung den Kolben (1) über einen Rotor (66) und einen als Untersetzungsgetriebe wirkenden Spindelantrieb verstellt, und dass der Kolben (1) die erforderliche Druckänderung für die Bremskraftverstärkung (BKV) und das Antiblockiersystem (ABS) erzeugt,
- wobei das Ventil (14, 16) nach Erreichen des erforderlichen Bremsdrucks im Bremszylinder (15, 17) schließt und auch im ABS-Betrieb sowohl zur Einstellung eines neuen niedrigeren, als auch neuen höheren Bremsdrucks geöffnet ist.
Kurzfassung:
Die Erfindung betrifft eine Bremsanlage mit einem elektromotorisch betätigten Kolben eines Kolben-Zylinder-Systems, bei dem ein nicht-hydraulisches Getriebe den Kolben zur Druckerzeugung für Bremskraftverstärkung und ABS-Funktion bewegt, wobei über radselektive, durch eine Steuer- und Regeleinrichtung angesteuerte Ventile jeder Bremsdruck durch Öffnen des jeweiligen Ventils dynamisch eingestellt und nach Erreichen des Zielwerts durch Schließen stabil gehalten wird, wodurch eine sequentielle ABS-Druckregelung im Multiplexbetrieb ermöglicht wird – bei gleichzeitig gewährleisteter Notbetätigung im Fehlerfall.Technische Relevanz der MUX-Regelstrategie
Die o.g. Patente bildeten die Grundlagen für die Entwicklung eines neuartigen ABS-Prototyps mit Druckregelung im geschlossenen Bremskreis unter Anwendung des sogenannten hydraulischen Multiplexbetriebs. Dieses Verfahren ermöglichte beeindruckend kurze Bremswege auf Fahrbahnen mit niedrigen Reibbeiwerten – insbesondere auf Eis und Schnee, und auf µ-Split Fahrbahnen.
Bei höheren Reibbeiwerten, etwa auf Asphalt, stieß die Multiplexregelung jedoch an ihre Grenzen: Neben physikalischen Herausforderungen, die durch die größeren Drucksprünge und Zeitverzögerungen des hydraulischen Multiplexens entstanden, traten auch NVH-Probleme (Geräusche und Vibrationen) auf, die vor allem beim gleichzeitigen Druckabbau in mehreren Radbremsen mit unterschiedlichen Druckniveaus entstanden. Dadurch kam es zu Ausgleichsströmungen zwischen den Radbremszylindern innerhalb des geschlossenen Systems, die akustisch negativ auffielen und den Fahrkomfort beeinträchtigten.
Ein weiterer Hemmschuh für die Serieneinführung war die erhöhte Dynamik-Anforderung an den elektrischen Antriebsmotor, die im Multiplexbetrieb notwendig war, um schnelle Druckwechsel zuverlässig umzusetzen. Diese Anforderungen konnten mit den zu jener Zeit am Markt verfügbaren Motoren nicht erfüllt werden. Es wurde daher ein neuer Motortyp – insbesondere ein DAG-Motor – erforderlich, der zunächst nicht im Portfolio gängiger Motorhersteller war. Die damit verbundenen Investitionen in Entwicklung und Industrialisierung erhöhten die Systemkosten und bremsten eine wirtschaftliche Umsetzung. Allerdings zeigte eine separate Untersuchung durch die BMW AG, dass die Stückkosten des DAG-Motors im Serienbetrieb wettbewerbsfähig und nicht nachteilig im Vergleich zu konventionellen Lösungen waren.
Trotz der fehlenden Marktdurchsetzung hat das Konzept des geschlossenen Bremskreises – insbesondere für 2-Kanal-Drucksteller für eine Fahrzeugachse– weiterhin eine hohe technologische Relevanz. Dank der modelltechnischen Klarheit und physikalischen Vorhersagbarkeit solcher Systeme eröffnen sich neue Potenziale für Automatisierung und Regelgüte, insbesondere in Verbindung mit künstlicher Intelligenz und modellprädiktiven Steueralgorithmen.
Patentanspruchsmerkmal (Anspruch 33)
- Verfahren unter Verwendung einer Bremsanlage nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
- dadurch gekennzeichnet, dass bei Inbetriebnahme des Fahrzeugs oder während des Betriebs ein Kennfeld angelegt wird,
- in dem verschiedenen Motor-Stromstärken oder Drücke Positionen des Kolbens zugeordnet werden,
- wobei im Betrieb dann entsprechend einer Verstärkerkennlinie eine Position des Kolbens (1) angefahren wird, die entsprechend dem Kennfeld einem bestimmten Druck entspricht
Kurzfassung:
Das Verfahren beschreibt die Erstellung eines Kennfelds, das Kolbenpositionen bestimmten Stromstärken oder Drücken zuordnet, sodass während des Betriebs über eine Verstärkerkennlinie gezielt die Kolbenposition für den gewünschten Bremsdruck angefahren wird.Technische Relevanz
Dieses Patent beschreibt die Grundlagen der stromproportionalen Drucksteuerung auf Basis eines Kennfeldes (Berechnung Druck am Kolben als Funktion der Bestromung des Motors), jedoch in seiner Formulierung eingeschränkt auf den Anspruch 1 des Patentes (ABS MUX Betrieb). Die stromportionale Drucksteuerung wurde daher in einer Teilanmeldung (E87DE1) weiter verfolgt und ist in elektrischen Bremskraftverstärkern heute ein Kernbestandteil der Bremskraftverstärkersteuerung
